Kasse ein Auslaufmodell?
Die Bezahlsysteme für Smartphones beeinflussen unser Einkaufen von morgen
PantherMedia / Leung Cho Pan
Alipay und Apple Pay sind als globale Bezahlsysteme für Smartphones stark im Kommen. Es liegt auf der Hand, sich Gedanken darüber zu machen, wie morgen unser Einkaufen aussehen wird und wie wir zukünftig bezahlen werden. Schafft man am Ende auch das Bargeld ab, dessen Existenz bei den kleinen Cent-Werten in einigen Ländern schon beendet wurde?
Da ist die Frage, ob die Kasse, die im Handel auf eine 140 Jahre lange Tradition zurückblicken kann, möglicherweise ein Auslaufmodell sei, nicht aus der Luft gegriffen.
Um die Antwort gleich vorweg zu nehmen: Wir sind sicher, dass die Kasse kein Auslaufmodell ist, denn ihre Funktionen sind für einen reibungslosen Filialbetrieb unverzichtbar. Darüber hinaus warten auf die Kasse weitere wichtige Aufgaben, die für die zukünftige Überlebensfähigkeit von Handelsunternehmen ausschlaggebend sein dürften.
Einfaches Einkaufen bedeutet:
- Reduzierung von Warteschlangen vor der Kasse
- Zusammenstellung eines Warenkorbs/Reservierung online und per App
- Variabilität bei Check-out-Verfahren, inkl. Kauf auf Rechnung
- Freie Wahl des Bezahlmediums, einlösen von Park-, Fahr-, Sozialscheinen sowie Pfandsystemen
- Umtausch und Rückgabe problemlos möglich
- Verfügbarkeit aller Services auf der Fläche und an der Haustüre
Einkaufen muss in all seinen Facetten flott über die Bühne gehen - für Kunden ebenso wie für das Personal auf Händlerseite. Es dürfen keine Hürden aufgebaut werden, jegliche Komplexität muss im Hintergrund abgefangen werden.
Das Personal in der Filiale muss entlastet werden durch:
- Cash-Cycling und Wechselgeldprognose für die Geldbeschaffung und den Abtransport
- Datenschutz- und gesetzeskonforme Verfahren (z.B. KassenSichV)
- Mobile Kassensysteme für den variablen Einsatz auf der Fläche
- Integration der auf der Fläche verbauten Sensorik, die notwendig wird, um den Warenfluss und damit die Warenkörbe der Konsumenten zu tracken.
Warenfluss, Bezahlvorgang, Kaufverhalten
Was wird die Kasse von morgen von dem unterscheiden, was wir heute bereits in unseren Filialen einsetzen? Wir müssen viele Jahrzehnte zurückblicken, um Kassen ausfindig zu machen, die nicht mehr konnten, als das sichere Verwahren von Geld und das Aufsummieren der Tageseinnahmen. Heute werden neben dem Bezahlvorgang von bestehenden Kassensystemen zumeist folgende Funktionen und Prozesse abgedeckt:
- Informationen bereitstellen für Artikel, Kunden, Konditionen etc.
- Tagesabschluss und Reporting
- Bon parken, wiederaufnehmen, rechtskonform archivieren
- Retourenmanagement
Im Wesentlichen geht es darum, den Warenabfluss innerhalb einer Filiale nachzuvollziehen, Warenbestände abzugleichen, Dispositionen anzustoßen und für das Finanzwesen relevante Daten zu sammeln und natürlich den Bezahlvorgang abzuwickeln. Kassensysteme verstehen sich bislang als vorgelagerte Datensysteme, denen ein mächtiges Zentralsystem für die unternehmensweite Warenwirtschaft, die Lagerlogistik und das Finanzwesen übergeordnet ist. Somit wird deutlich, dass die Kasse keineswegs ein Auslaufmodell ist, denn gerade dieses arbeitsteilige Prinzip macht Kassensysteme unverzichtbar. Sie sind die Hand am Puls des Marktes, worauf kein Filialunternehmen verzichten kann. Wenn dennoch ein „Aber“ angebracht ist, dann deshalb, weil die Kasse der nächsten Generation Funktionen bereithalten muss, die nicht mehr primär den Artikel im Fokus hat, sondern den Kunden. Und dies ist ein weitreichender Paradigmenwechsel in der Auslegung von Kassensystemen.
Natürlich kümmerte sich der Handel auch in der Vergangenheit mit beachtlichem Aufwand um seine Kunden, aber vermutlich geriet das veränderte Kaufverhalten zu spät ins Blickfeld. Die signifikanten Umsatzverluste zugunsten des Onlinehandels in Höhe von 15% machen dies deutlich. Die Erkenntnis, dass der stationäre Handel auf diese gravierende Marktveränderung reagieren muss, ist branchenweiter Konsens.
Was hat die Kasse mit all dem zu tun? Welchen Beitrag kann, ja muss sie zukünftig leisten, diesem Kundendrift Richtung Online-Handel Einhalt zu gebieten? Sie kann es nicht alleine, aber sie kann helfen, dass Kunden das Einkaufen in der Filiale wieder attraktiv finden. Und „attraktiv“ steht summarisch für einfaches Einkaufen, aber auch Einkaufen als Erlebnis.
Ein Blick in die Zukunft
Die Kasse der nächsten Generation muss in der Lage sein, alle mit dem Einkauf zusammenhängenden Prozesse abzudecken und dies einfach und schnell. Darüber hinaus muss die Kasse „persönliche“ Beziehungen zum Kunden aufbauen. Sie muss über ein „Gedächtnis“ verfügen, sich merken, was ein Kunde gewöhnlich einkauft und sich „Gedanken“ darüber machen, was er noch brauchen könnte und ihn intelligent durch den Shop geleiten. Wie das gehen könnte? Mittels einer App hat der Kunde seine Einkaufsliste erstellt, die ihn gezielt zu den nachgefragten Waren führt, während er zugleich auf attraktive Angebote aufmerksam gemacht wird. Waren werden mit dem Handy eingescannt und auf dem Display steht die dazugehörende Produktinformation mit Cross-Selling-Hinweisen. Automatisch wird mitgerechnet, wie hoch der Wert der im Korb deponierten Ware aktuell ist und dieser Betrag schließlich an die Kasse übermittelt. Die Ware braucht nicht einmal mehr aufs Band gelegt zu werden. Die Kasse berücksichtigt alle Coupons und weiß von selbst, wie der Kunde bezahlen möchte. Und mit einem freundlichen „Auf Wiedersehen“ wird der Kunde verabschiedet.
Das Kassensystem bleibt überdies weiterhin mit dem Kunden in Kontakt und informiert ihn über aktuelle Angebote. Es gibt viele Möglichkeiten, Kunden für attraktive Angebote zu interessieren. Wenn dann noch das Ambiente stimmt, das Personal zuvorkommend ist und alles wie am Schnürchen funktioniert, dann ist Einkaufen auch attraktiv.
Dies alles ist nur mittels intelligenter Kassensysteme möglich, die das Frontend in den Markt darstellen und aufgrund eigener „Erkenntnisse“ in der Lage sind, mit dem Kunden auf smarte Weise zu kommunizieren und ihn anzuregen, doch mal wieder vorbei zu schauen. Was das Einkaufserlebnis anbelangt, hat der stationäre Handel ohnehin die meisten Trümpfe in der Hand. Er muss sie nur gekonnt ausspielen.
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