Glory Innovation Forum 2018

Weit entfernt von einer bargeldlosen Gesellschaft

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Quelle: Glory Global Solutions GmbH

„100 Jahre Glory: Innovation durch Tradition“ – unter diesem Motto stand das Glory Innovation Forum 2018 am 17.-19. September in Heiligendamm. Auf dem jährlich und zum siebten Mal in Folge veranstalteten Fachkongress konnten die Teilnehmer mit Experten des Bargeldkreislaufs und der digitalen Wirtschaft über die Zukunft des Bargeldes und viele aktuelle Themen diskutieren. Hierzu zählten Kooperationsmodelle zwischen Handel und Banken, mögliche Prozessoptimierungen und neue Wege bei der Bargeldversorgung, das Zukunftsmodell von Bankfilialen sowie die Chancen der Digitalisierung.

Dabei war der Tenor eindeutig: Bargeld ist auch im digitalen Zeitalter das wichtigste Zahlungs- und ein beliebtes Wertaufbewahrungsmittel. Es ist ein öffentliches Gut und Teil der kritischen Infrastruktur. Damit Bargeld nicht zu viel Geld kostet, muss es allerdings effizient verarbeitet und über neue Wege bereitgestellt werden. Kernaussagen vieler Vorträge sowie der Podiumsdiskussion mit Vertretern unter anderem der Bundesbank, BDGW, Cardtronics, dm-drogerie markt, sowie GS1, IC Cash, Postbank oder auch Splendid Research waren:

  • Die Frage ist nicht, ob Bargeld bleibt, sondern wie eine flächendeckende Versorgung gewährleistet werden kann – langfristig, kostengünstig und sicher.
     
  • Der Handel ist bereit für seine neue Rolle als Bargeldversorger – durch Cash Back oder Bankservices am POS: Nun braucht es die Zusammenarbeit der Bargeldakteure – und Finanzinstitute müssen die Chance neuer Kooperationsmodelle zur kostengünstigen Bargeldversorgung ihrer Kunden in der Fläche erkennen.
     
  • Die Digitalisierung bietet Banken und Handel enorme Potenziale im Hinblick auf neue Geschäftsmodelle, Kundeninteraktion und Optimierung der Bargeldprozesse. Eine der größten Hürden bildet neben mangelnder Digitalkompetenz jedoch das Risiko der Besitzstandswahrung, statt die Digitalisierung voranzutreiben. Hier müssen Unternehmen umdenken und auch die Politik aktiv(er) werden.

Bargeldnachfrage bleibt ungebrochen

Die letzten 100 Jahre seit Gründung von Glory gehören zu den ereignisreichsten Abschnitten in der Entwicklung des Bargelds. Spätestens seit Einführung der Kreditkarte im Jahr 1950 machen bargeldlose Bezahlmethoden Münzen und Scheinen dabei ernsthafte Konkurrenz. Und dennoch: Obwohl mehrfach die bargeldlose Gesellschaft propagiert wurde, bleibt die Bargeldnachfrage ungebrochen – abzulesen an steigenden Transaktionszahlen, einem wachsenden Banknotenumlauf sowie einem nach wie vor hohen Bargeld-Anteil am Umsatz.

Laut Erhebung der Bundesbank erfolgen in Deutschland 74 Prozent aller Transaktionen in bar. 88 Prozent der Verbraucher wollen auch künftig bar zahlen und lehnen eine Bargeldabschaffung ab. Die gleichzeitige Zunahme bargeldloser Transaktionen führen Experten, wie Hauptgeschäftsführer des BDGW, Dr. Harald Olschok, stark auf das Wachstum des E-Commerce zurück.

Die Diskussionen auf dem Glory Innovation Forum reichten weit tiefer. So fiel auf, dass die Bargeldvorliebe der Deutschen in Europa kein Einzelfall ist: Die Bargeldabschaffung in Schweden – oftmals als Vorreiter der bargeldlosen Gesellschaft angeführt – lassen sich weder auf die Digitalisierung noch auf Verbraucherwünsche zurückzuführen. Vielmehr stehen Sicherheits- und Kostenaspekte im Vordergrund. Wenig verwunderlich ist es, dass unter anderem die Wertstabilität des Bargeldes inzwischen nicht nur bei der schwedischen Reichsbank einen Umdenkprozess auslöste. Die Experten waren sich daher auf der Fachkonferenz einmal mehr einig, dass (nicht nur) Deutschland weit von der immer wieder propagierten bargeldlosen Gesellschaft entfernt ist.

Bargeld schafft (Kauf-) Impulse

Die Vorliebe für Bargeld belegen auch weitere Studien und Erhebungen: Der weltweit größte unabhängige Geldautomaten-Betreiber Cardtronics verzeichnet mehr Bargeldauszahlungen in Deutschland als in den Vorjahren, wie Lars Walter, Sales Director FI bei Cardtronics, berichtete. Darüber hinaus belegt eine Studie, dass die Bargeldversorgung in der Nähe von Ladengeschäften dem Handel positive Effekte beschert: bis zu 30 Prozent höhere Umsätze. „Dort, wo Geld abgehoben wird, geben es Verbraucher häufig auch wieder aus. Diesen Zusammenhang sollten Händler für sich nutzen“, so Lars Walter.

Wie eng der einfache Zugang zu Bargeld mit der Wahl der Bank verknüpft ist, bestätigt auch Frank Appel, Vertriebsmanager Retail-Kooperationen von der Postbank, im Rahmen der Podiumsdiskussion: „Ein wichtiges Entscheidungskriterium für eine Girokonto-Eröffnung ist immer noch die Bargeldversorgung für Kunden.“

In seiner Analyse zur Zukunft der Bankfiliale, stellte Dr. Hansjörg Leichsenring, Herausgeber Der Bank Blog, kritisch die Frage, ob die bisherigen Verteilerzentren für Bargeld in Zukunft noch in ausreichender Zahl existieren werden, wenn der aktuelle Trend zur Schließung von Geschäftsstellen anhält. In dem Zusammenhang forderte er: „Regionalbanken müssen aufhören, sich wie Großbanken zu verhalten und die Digitalisierung alleine dürfe nicht als Grund für Filialschließungen angeführt werden.“

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Neue Wege der Bargeldversorgung

Bargeldintensive Branchen wie Banken und Handel stehen demnach vor der Herausforderung, analoge und digitale Bezahlwelten miteinander zu verbinden, um den konstant hohen Bargeldbedarf durch eine flächendeckende Bargeldversorgung zu bedienen und gleichzeitig über neue Services für sich zu nutzen. Entsprechend befassten sich die Fachvorträge, Best Practice Beispiele und Diskussionsrunden auf dem Glory Innovation Forum mit diesem grundlegenden Branchenwandel. Dabei wurde deutlich, dass der Handel bereit ist für seine wachsende Rolle als Bargeldversorger für Verbraucher und Kooperationen mit Finanzinstituten offen gegenüber steht. Allerdings bedarf es Unterstützung anderer Bargeldakteure bis hin zur Bundesbank und der Politik.

Roman Janecek, Leitung Monitoring des externen Bargeldkreislaufs bei der Bundesbank, betonte, dass Bargeld ein öffentliches Gut sei, das weiterhin sicher bleiben muss: „Wir sind sehr darauf erpicht, dass der Bargeldkreislauf hohen Sicherheitskriterien unterliegt und Bargeld von der Bevölkerung weiterhin als sicher wahrgenommen wird. Dementsprechend wichtig bleiben Prüfungsverfahren wie Umlauffähigkeit der Banknoten oder Falschgelderkennung. Ein Risiko ist etwa dort zu sehen, wo unbeaufsichtigt Bankgeschäfte in den Handel verlagert werden.“ Gleichzeitig stellte Janecek klar, dass die Bundesbank Innovationen unterstützt und dass ein Cash-Management-System, das Bargeld bei Einzahlung auf Umlauffähigkeit und Echtheit prüft, auch wieder zur Bargeldauszahlung im Handel eingesetzt werden kann.

Optimierung der Liefer- und Wertschöpfungskette

Dass Prozessoptimierungen essentiell sind, um Kosten zu sparen und die Bargeldversorgung auch künftig in der Fläche sicherzustellen, war ebenso einheitlicher Tenor mehrerer Vorträge und Diskussionen auf dem Glory Innovation Forum 2018. „Bargeldhandling muss leistbar bleiben“, betonte auch Dr. Kersten Trojanus, Geschäftsführer von IC Cash, in der Podiumsdiskussion.

Während Händler in der Regel ihre Prozesskette vom Einkauf über die Warenwirtschaft und Logistik bis hin zu Lieferung und Verkauf aufs Äußerste optimiert haben, finden sich ebenso in der Bargeldlogistik enorme Einsparpotenziale. Diese können mit Hilfe von Automatisierung und Digitalisierung gehoben werden. So lässt sich etwa mit modernen Cash-Management-Systemen die gesamte Prozesskette des Bargeldmanagements digital abbilden, so dass Händler die Verarbeitung, Beschaffung und Abschöpfung bedarfsgerecht und kostenoptimiert steuern können.

Gleichzeitig schafft das „digitale Bargeld“ die besten Voraussetzungen für automatisierte Auszahlungen durch Cash Back oder Bankservices. Weitere Optimierungen im Bargeldkreislauf sind durch die Digitalisierung auch aus Sicht von Tilo Arnold, Senior Manager Cash Logistics bei GS1 Germany, möglich. Er betont, dass nur (globale) Standards – wie der von der GS1 CashCommunity entwickelte und empfohlene Standard für die kommerzielle Bargeldlogistik – die Branche voranbringen können. Damit wird sichergestellt, dass alle Akteure im Bargeldkreislauf eine einheitliche Sprache sprechen.

Die Zukunft des Bargeldes steht als Fazit des Glory Innovation Forums 2018 außer Frage. Befürwortern einer bargeldlosen Gesellschaft gab Roman Janecek von der Bundesbank bei der Podiumsdiskussion zu bedenken, dass jede Banknote, die von der Bundesbank ausgegeben wird, den Wohlstand der Gesellschaft erhöht: „Technisch würden wir heute bereits kein Bargeld mehr benötigen. Die Frage ist: will man das wirklich? Damit wäre jede Bezahlung und (Bargeld-) Transaktion ausnahmslos nachvollziehbar. Bargeld sollte auch in einer digitalen Gesellschaft immer als alternatives, sicheres und privates Bezahlmittel bestehen bleiben.“

Glory Innovation Forum 2019

Die nächste Fachkonferenz findet am 3.-4. September in Bonn statt und steht unter dem Motto „Mensch, Maschine, Interaktion – Hightech meets Cash Management“. Weitere Informationen folgen unter www.gloryinnovation.events/.

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